Warten auf das Wirtschaftswunder
Warten auf das Witschaftswunder
Kaninchen-Schlange-Marketing – und genau zwei Fehler
BLOG / APRIL 2020 / NR.1 / MARKE
Kolumne von SMD-Redaktion
Ja, wir befinden uns noch mitten in der Krise.
Dieser Blogbeitrag soll auch nicht unsere Sicht der Dinge über Ursachen, Länge und Verlauf darlegen. Wann, was, von wem und warum wieder gelockert, freigegeben oder rückgängig gemacht wird. Kein Wort über Gesichtsmasken oder Nähanleitung und die Sinnhaftigkeit von Hamsterkäufen.
Eins steht fest: Es gibt ein Danach – nach Corona, nach dem Lockdown und nach den vielversprechenden Hilfspaketen. Wie dieses Danach aussehen wird? Anders.
Und wenn sich in Unternehmen und Märkten etwas ändert, dann kommt in guten wie in schlechten Zeiten ein wunderbares Instrument zum Einsatz: Marketing.
Dieser Logik folgend, müsste die Werbewirtschaft, die Berater und Kreativen, die Abverkäufer und Vertriebs-Gurus zu den strahlenden Gewinnern der Krise gehören.
Ein Blick über den Tellerrand zu den Kollegen (nicht persönlich, sondern per Skype!) zeigt: Dem ist nicht so. Stornierte Aufträge, ausgesetzte Kampagnen.
Es steht außer Frage, dass die Krise einige Unternehmen an den Rand der wirtschaftlichen Existenz drängt. Und die mehr oder weniger vorhandenen Rücklagen nicht für Werbung, sondern für Büromiete und Mitarbeitergehälter draufgehen.
Doch verwunderlich ist die Zahl derer, die noch während der tagesschaulichen Ankündigung von bewegungseindämmenden Maßnahmen in Schockstarre verfallen sind. Noch vor dem Wetterbericht war der eigene unternehmerische Weltuntergang besiegelt.
Haben wir es nicht mehr gelernt mit Krisen umzugehen?
Dabei ist sie »nur« laut Duden eine »schwierige Lage, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Situation darstellt«. Gute Unternehmer*Innen definieren sich durch und in schwierigen Lagen – in einfachen Zeiten kann auch der Praktikant die Firma vom Umsatzrekord zur Gewinnausschüttung führen.
Für viele Verantwortlichen scheint Corona die Schlange, vor der sie kaninchengleich und gelähmt lieber abwarten und Tee trinken – und die Komfortzone nur noch zum Einkauf von Klopapier verlassen. Wettbewerbsgestählten Frauen und Männern, die in jahrelangen Preisschlachten den Mitbewerber in die Knie gezwungen haben, wird es nun weich im besagten Gelenk und ängstlich ums Herz. Sie haben unmögliche Liefertermine eingehalten, Fehlkalkulationen schöngerechnet und den vergessenen Geburtstag der Sekretärin ausgebügelt. Und kapitulieren jetzt vor einem Virus.
Was kann nun das Marketing für Sie tun? Sie beispielsweise an die gerade in schwierigen Zeiten geltenden Spielregeln erinnern.
Da wäre zum Beispiel das antizyklische Handeln: Jetzt aktiv gestalten, was in einigen Monaten passieren wird.
Es ist gleich, ob diese Schwierigkeiten aus einem Virus, einem neuen Konkurrenten oder aus einem sich veränderten Markt resultieren. Jetzt planen. Mit genau dem Vorlauf, den Sie bisher gewohnt waren.
Die Kampagne für das neue Produkt planen Sie doch auch nicht erst, wenn die Packung im Regal steht, sondern ab dem Moment, in dem Ihr neuer Bestseller Gestalt annimmt.
Nennen wir das, was »danach« kommt, der Einfachheit halber »das Neue«. Und jetzt planen wir gemeinsam dessen Markteinführung. Und schon sind wir wieder auf dem sicherem Terrain aus Strategie, Timeline und Launch. Und es fühlt sich weniger nach Krise und mehr nach Herausforderung an.
Schon der bekannte Philosoph Lothar Matthäus geißelte die Unterlasser mit den Worten: »Es ist jetzt nicht die Zeit, den Sand in den Kopf zu stecken!« Wie recht er hat.
Die Zyklen einer Krise lassen sich werblich in drei Abschnitte einteilen, die Sie des Abends im TV-Werbeblock verfolgen können:
→ Phase 1: Alle Spots laufen weiter wie gebucht, was in einer Pausenbrotwerbung und zeitgleich geschlossenen Schulen etwas befremdlich wirkt.
→ Phase 2: Die Schnellen und Kreativen haben nach ca. drei Wochen Ihr Marketing der Krise angepasst, bieten ihren Kunden Lösungen und Hilfen an.
Die anderen konnten gerade noch so ihre Spots stoppen und ... warten mal ab, was die Krise so bringt.
→ Phase 3: Die einen feiern einen Neubeginn mit ihren alten und neuen Kunden. Die neuen Kunden kommen übrigens von den anderen, den Abwartern, die jetzt irgendwie vom Markt verschwunden sind.
Kommen wir zum Schluss noch einmal zurück zum Anfang, zur Headline dieses Beitrages.
»Warten auf das Wirtschaftswunder«. In diesem Satz stecken genau zwei Fehler:
Dass die Wirtschaft nach der Krise wieder wächst ist kein Wunder, sondern eine Regel der Marktwirtschaft. Der größere Fehler ist das Warten – aber das haben wir ja gerade ausführlich besprochen.