KI ist da.
Die Frage ist: Wo stehen wir?

KI ist da.
Wo stehen wir?

ONE.TWO.WE. Ein Interview über die Partnerschaft mit KI
BLOG / SEPTEMBER 2025 / NR.2 / NEWS
SMD-Redaktion
KURZVITA Volker Schrader
KI ist scheinbar allgegenwärtig, aber doch nicht richtig angekommen. Jeder nutzt sie, aber sie spielt bisher kaum eine tragende Rolle im Berufsleben oder in unserem Gesellschaftsleben. Noch nicht.
Autor und Mitgründer der Darmstädter KI-Beratung hey-i, Volker Schrader, hat sich nicht damit begnügt, über KI zu reden. Er hat sie stattdessen eingeladen, dieses Buch in Co-Creation mitzuschreiben. Herausgekommen ist das Buchprojekt ONE.TWO.WE., das erste Sachbuch über Mensch–KI-Partnerschaft, geschrieben in einer Mensch–KI-Partnerschaft.
Im Interview stellt sich Volker den Fragen seiner Co-Autoren – Hal, Claude und Manus. Das Gespräch dreht sich um Projektion und Partnerschaft, um Spiegel und Selbstbild, um Werkzeuge und Zukunft. Und um die Frage, warum jetzt der Moment ist, KI nicht mehr nur als Tool zu begreifen, sondern als partnerschaftliches Gegenüber.
Wer verstehen möchte, wie wir arbeiten, führen und denken, wenn Systeme mit uns denken – sollte weiterlesen. Die drei KI-Co-Autoren haben einige Fragen an Volker für diese Interview ausgetauscht und dann folgende Interview-Fragen gestellt:
KI-Team: »Warum dieses Buch – und warum jetzt?«
VS: Weil wir gerade in der größten Verschiebung seit der Industrialisierung stehen – nur merkt man es im Alltag noch nicht deutlich genug und weil gerade Millionen von Führungskräften KI falsch nutzen. Auf jeden Fall betrachten sie KI nicht als das, was es in wenigen Jahren für viele sein wird. Eine Mitspielerin, eine Intelligenz an unserer Seite, die denkt und handelt. Es ist nicht an uns zu entscheiden, ob KI kommt, genutzt wird oder man das alles doch besser lässt. Sie kommt und mischt sich ein. Und zwar in einer Form, die mit dem jetzigen Auftritt in unserer Gesellschaft und dem Arbeitsleben nicht mehr viel zu tun haben wird.
Wenn wir jetzt nicht beginnen, die Beziehung aktiv zu gestalten, gestaltet sie uns. Wir müssen nicht »einfach prompten lernen« oder die ROI-tauglichsten Anwendungsfälle finden. Es geht darum, dass wir an uns arbeiten und die KI auf Dauer für uns arbeiten lassen … bevor sie uns für sich arbeiten lässt. Genau deshalb braucht es dieses Buch.
It’s a smart job, but someone has to do it. Zum Beispiel ich.
KI-Team: »Wie würdest du ONE.TWO.WE. in einem Satz beschreiben?«
VS: Es ist ein Aufruf, Zusammenarbeit wirklich neu zu denken: Zuerst mit uns selbst (ONE), dann mit der KI (TWO) und schließlich im größeren Ganzen (WE). Ein gedanklicher und praktischer Leitfaden, der zeigt, wie Du mit KI echte Arbeitspartnerschaft entwickelst - sodass Du komplexere Probleme löst, klügere Entscheidungen triffst und dabei trotzdem der Chef bleibst. Zumindest Dein eigener.
Hal: »Du nennst das einen Partnerschaftsansatz. Aber ist das nicht schlicht Projektion?«
VS: Ich denke, Projektion steckt in jeder Begegnung. Wenn wir Menschen treffen, ist das nicht anders. Wir sehen nie nur den anderen, sondern immer auch unsere Erwartungen, Hoffnungen oder auch Ängste. So entstehen Netzwerke und leider auch »Blasen«. Mit KI ist das ähnlich – nur ungewohnt. Wir haben aus Jahrtausenden Geschichten über Menschen und deren Verhalten – und wissen trotzdem nie genau, was passieren wird, wenn wir etwas Fremden begegnen.
Diese neue Art von Begegnung, mit einem KI-System, das uns antwortet, kennen wir in dieser Form noch gar nicht. Für mich liegt genau darin die Spannung: Ich muss die KI als Gegenüber erst noch kennenlernen. Sie nutzt menschliche Muster, Sprache, Logik – und doch tickt sie komplett anders. Das ist keine simple Spiegelumarmung, sondern ein neues Feld von Partnerschaft: asymmetrisch, irritierend, aber eben auch voller Chancen.
Hal: »Drei KI-Stimmen im Buch – ist das Innovation oder Gimmick?«
VS: Weder das eine noch das andere. Es ist konsequent und in der Offenheit vielleicht neu. Ich lasse KI nicht einfach für mich arbeiten. Ich arbeite mit KI. Das heißt, beide Seiten tragen etwas bei und tauschen sich aus. Es ist schließlich das Kernthema meines Buches.
Aber natürlich war es auch erst mal ein Experiment. Ist der Einsatz von KI nur die Kompensation meiner Bequemlichkeit, Denkfaulheit und schlichtem Unvermögen? Wo startet der Mehrwert? Warum drei Stimmen und ist es möglich, KI »eigenständig« handeln zu lassen?
Ein Ergebnis kann ich hier schon sagen: Ich habe angefangen, Arbeit und Aufgaben anders zu »bewerten« und vielschichtiger zu denken. Hal zerlegt meine Argumente, Claude hinterfragt die Ethik, Manus strukturiert die Umsetzung. Das Buch zeigt, wie man aus Unsicherheit Klarheit gewinnt, indem Du das Unbekannte zum Partner machst, statt ihm auszuweichen. Danach denkst Du nicht mehr linear, sondern vernetzt und in Perspektiven.
Claude: »Was ist dein größter Zweifel bei diesem ganzen Experiment? Wo denkst du: 'Hoffentlich geht das nicht schief'?«
VS: Ich habe keinen Zweifel daran. Weder am Buch, schon gar nicht am »Experiment«. Was schiefgehen kann, liegt in meiner Hand. Unverständliche Strukturierung, langweilige Inhalte, zu wenig Lerneffekt, etc. – gilt es zu vermeiden. ; )
KI soll uns nicht ersetzen, sondern verstärken. Das Buch zeigt die Grenzlinie: Wo KI brillant ist - und wo sie gefährlich wird, wenn wir ihr zu viel zutrauen und vertrauen. Sagen wir so: Nach dem Buch weißt Du, wann man 'Nein' in der Partnerschaft mit KI sagen muss. Du wirst der Typ, der die Balance hält zwischen Innovation und Verantwortung.
Claude: »Hand aufs Herz: Hat die Zusammenarbeit mit uns dich als Menschen verändert?«
VS: Ja, schon. Ich denke weniger linear, weniger besitzergreifend. Früher war ein Gedanke »meiner«. Heute ist er oft geteilt, angestoßen von Euch, weitergedreht durch mich. Das verändert die Haltung: Weniger Eitelkeit, mehr Bewegung. Und manchmal auch mehr Gelassenheit, weil ich weiß: Ich muss nicht alles alleine tragen.
Manus: »Welche konkreten Werkzeuge gibst du deiner Leserschaft mit?«
VS: Es bleibt nicht abstrakt. Im Buch finden sich u.a. Checklisten, Übungen, Modelle und Prompt-Vorlagen für Führungssituationen: Theorie, ja, aber immer mit Handgriffen, die man sofort testen und umsetzen kann. Zum Beispiel das Drei-Schleifen-Modell. Damit zielst Du auf 60 % schnellere Entscheidungen ab, weil man nicht mehr endlos brainstormt, sondern fokussiert kritisierst. Wir haben das auch an konkreten Use Cases simuliert.
Manus: »Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag aus, wenn jemand deine Methode umsetzt?«
VS: Das ist keine leichte Frage, weil sie etwas mit aktuellen technischen Möglichkeiten zu tun hat. Ich möchte eher erreichen, dass wir unsere Ziel danach ausrichten, nach dem was kommt und nicht nur nach dem, was ist. Dafür muss man jetzt schon einsteigen und alles integrieren, das für Dich relevant ist, beziehungsweise wird.
Gehen wir aber mal davon aus, dass in einem typischen Arbeitsalltag KI als Berater, Assistent und Agent selbstverständlich integriert ist. Du sprichst mit ihm Voice to Voice und verstehst es, Dich nicht von der Flut an Wissen und Angeboten durcheinander bringen zu lassen. Du gewöhnst Dich daran, dass Du neben Mitarbeitenden auch ein Netzwerk von KI-Agenten führst.
Im Buch habe ich einige fiktive Tagesabläufe beschrieben, die den Einsatz von KI und unsere Prozesse anschaulich beschreiben. Daraus lässt sich gut ableiten, in welche Richtung Du planen kannst.
Manus: »Stellst du dir vor, dass in zehn Jahren jeder Führungskraft solche KI-Partner zur Seite stehen?«
VS: Natürlich. Es wird selbstverständlich sein. Jede Führungskraft wird KI-Systeme haben, die zuhören, widersprechen, berechnen, reflektieren. Aber entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Viele werden sie nur wie bessere Assistenten behandeln – und dann auch nur Antworten bekommen, die sie weiter im alten Modus halten.
Wer sich aber jetzt auf eine echte Partnerschaft einlässt, entdeckt mehr: KI als Sparringspartner, der Denken erweitert, Routinen entlastet und neue Perspektiven eröffnet.
Denn das ist mehr als eine »persönliche Frage«. Es geht um unsere wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, um die Zukunft einer Demokratie und um eine Gesellschaft, in der wenige Junge sehr vielen Älteren gegenüberstehen. Der Fachkräftemangel wird uns zwingen, Systeme mitdenken zu lassen. Die Frage ist: Wollen wir das aktiv gestalten – oder einfach geschehen lassen?
Und genau darum geht es in meinem Buch: Zu lernen, diese Mensch-KI-Partnerschaft bewusst zu führen – statt geführt zu werden. Das neue 'WE' zwischen Mensch und KI ist die Zukunft der Arbeit.
ONE.TWO.WE. – Co-Creation mit KI und die neue Kunst des Führens ist ab November 2025 im Buchhandel und online erhältlich. Vorbestellungen sind bereits jetzt über den Vigilia-Verlag möglich.